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AutorenbildBarbara von Meibom

Im Körper zu Hause sein: Interview mit Dr. Sven Werchan

Aktualisiert: 9. Sept. 2020



Corona und die damit einhergehenden Schutzmaßnahmen verstärken eine Entwicklung, die sich seit langem beobachten lässt: Eine Entfremdung gegenüber dem eigenen Körper. Hatten wir einst das Bild vom Leib als dem beseelten Körper, so hat sich zunehmend eine Sicht auf den Körper etabliert, in der er wie ein Ding wahrgenommen und behandelt wird, bei dem Vieles mit großem Erfolg möglich ist: Reparaturen, Austausch von Einzelteilen, ästhetische und maschinelle Optimierungen aller Art - scheinbar unter Absehung von Wirkungen für Körper, Seele und Geist.


Angesichts der Pandemie werden nun Schutzmassnahmen auf der Körperebene ergriffen, die tief in das Gewebe des Menschseins, des menschlichen Miteinanders und des eigenen Körperbewusstseins eingreifen. Das Virus als äußerer Feind soll bekämpft, eingedämmt, unschädlich gemacht werden durch Mundschutz, Körperdistanzen, Bewegungsprofile. Sie alle sollen der körperlichen Unversehrtheit dienen und genießen höchste Priorität. Erkenntnisse der Salutogenese und der Neuropsychoimmunologie, wonach Gesundheit und Gesunderhaltung ganz wesentlich bestimmt werden durch die Art unseres Lebens, die seelisch-geistige Verfassung und unser Eingebundensein in ein gelingendes soziales Miteinander bleiben weitestgehend unberücksichtigt.


Viren und Bakterien sind im Leben unverzichtbar und Träger der Evolution. So wichtig Schutzmassnahmen sind in einer akuten Pandemiegefahr, so essentiell ist es mittel- und langfristig, ein Körperbild zu entwickeln, in dem wir den Körper nicht wie ein Ding schützen, sondern in seiner Lebendigkeit, seiner Fähigkeit zur Selbstregulierung und in seinen Grundbedürfnissen sowohl körperlicher als auch seelisch-geistiger Art stützen und stärken.


Ein Virus ist so schädlich, wie der Boden auf den er fällt. Statt nur oder vor allem das Virus zu bekämpfen, ist es an der Zeit, durch gesunde Ernährung, saubere Luft, eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, Stressabbau und Überwindung von Armut und Ausbeutung den Boden für Gesundheit zu bereiten. Es ist Zeit, im Körper zu Hause zu sein, sich in ihm zu beheimaten und für sein Wohlergehen zu sorgen. Das ist die beste Grundlage für Gesundheit, für ein besseres Verhältnis zur Natur, von der wir ein Teil sind, und für seelisch-geistiges Wohlergehen.



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